
Evelyn Palla soll erste Chefin der Deutschen Bahn werden — Pragmatikerin mit Fahrpraxis vor großer Prüfung
Berlin
Am 24. September, an ihrem 52. Geburtstag, dürfte Evelyn Palla ein besonders bedeutsames Geschenk erhalten: Die Managerin aus Südtirol soll zur Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG bestimmt werden. Verkehrsminister Patrick Schnieder will in dieser Woche die Eigentümerstrategie vorstellen und voraussichtlich die neue Konzernspitze präsentieren. Die endgültige Entscheidung trifft der 20-köpfige Aufsichtsrat.
Palla, die in Bozen geboren wurde und seit Jahren in Führungspositionen im Schienenverkehr arbeitet, bringt eine ungewöhnlich breite Erfahrung mit. Sie leitet seit drei Jahren DB Regio und hat zuvor in leitenden Funktionen bei der ÖBB, bei Energieunternehmen und in Konzernen wie Siemens und Infineon gearbeitet. Anders als viele ihrer Kollegen besitzt sie praktische Lizenzen: Seit dem Vorjahr hat sie sowohl einen Triebfahrzeugführerschein als auch einen Busführerschein.
Vom Controlling zur Krisensteuerung
Die Betriebswirtin hat ihren Berufsweg über Controlling, Rechnungslegung und Unternehmensführung aufgebaut. Bei der ÖBB verantwortete sie Einkauf, Controlling und später den Personenverkehr; bei Eon und in internationalen Einsätzen sammelte sie weitere Managementerfahrung. Als Finanzexpertin kennt sie Bilanzen und Sparzwänge — Qualitäten, die in einem höchst subventionierten und politisch stark eingebundenen Staatskonzern gefragt sind.
Rückkehr in die Gewinnzone, aber große Aufgaben bleiben
Unter Pallas Führung erreichte DB Regio wieder operative Gewinne, nachdem die Sparte zuvor in die roten Zahlen geraten war. Branchenkenner heben ihre pragmatische, teamorientierte und zielstrebige Arbeitsweise hervor. Dennoch ist der Spielraum begrenzt: Der Konzern steht vor massiven Problemen im Fern- und Regionalverkehr, in der Flottenerneuerung und in mehreren Werken. Gleichzeitig will die Regierung den Staatskonzern künftig strenger kontrollieren.
Politik, Aufsichtsrat und Arbeitnehmervertreter
Die Ernennung ist noch nicht offiziell; im Aufsichtsrat haben Arbeitnehmervertreter und die SPD-nahe EVG ein starkes Wort. In den Beratungen war auch der Name Christian Kern gefallen, doch nach wochenlangen Verhandlungen zeichnet sich offenbar ein Konsens zu Gunsten Pallas ab. Die neue Chefin muss nicht nur die operative Lage stabilisieren, sondern auch politisches Fingerspitzengefühl beweisen.
Obwohl die Berufung noch formell bestätigt werden muss, gilt Evelyn Palla als eine realistische, mit Konzernstrukturen vertraute Kandidatin. Ihre Mischung aus praktischer Führerscheinpraxis, internationaler Managementerfahrung und Finanzkompetenz macht sie zu einer Hoffnungsträgerin in einer kritischen Phase für die Deutsche Bahn.

08 Oktober
Soft- und Hardwareanpassungen verzögern ESTW-Inbetriebnahme in OsterburkenPendler in Wartestellung: Ersatzbusse statt Zug bis November

08 Oktober
Die Frau an der Spitze der Bahnsicherheit: Britta Zur schützt Deutschlands InfrastrukturVon Mordfällen zur Bahnsicherheit – eine Frau, ein Auftrag

09 Oktober
Evelyn Palla soll erste Chefin der Deutschen Bahn werden — Pragmatikerin mit Fahrpraxis vor großer Prüfung«Sie steuert Züge und jetzt den Konzern»